kasper
Berlin, 21. März 2010
liebste Daphne...
wieso zitierst Du Tschechow, um zu sagen, dass Du sprechen willst. Sorry, aber das erinnert mich an Tanja. Die hat diese Zitate auf post-its gekritzelt und an die Wand geklebt, in mein Kinderzimmer. Erich Fried, Fromm, Nietzsche, Brecht, Kleist, Baade, you know. Tanja’s Digest. Sinnsprech-Außenlager, hohe Tonart, mannhaft. Ich verzichte. Früher hast Du Dich über Tanja lustig gemacht + ihren unstudierten Ehrgeiz konsequent mit „wie meinst Du das..?“ oder einer Bauernweisheit pariert. „grün und blau trägt dem kasper seine frau.“ Das hab ich von Dir!, mit todernster Miene. Nur Deine Ohrringe haben leicht gebibbert, wg. heimlichem Lachen. Das Beben steckt einfach in Dir drin. Und dafür, dass Du so’ne große Familie hast, suchst Du ganz schön viel Ruhe und Stille. Sollten wir tauschen?, auch dafür gibt’s ein Fernseh-Format. Und im TV ist das Scheitern eine lustige Panne. Ich fürchte, Du guckst zu wenig fern. Ich glaube, die Kreuzung von Schweigen und Sprechen und Wollen ist Schrift.
Tja, wieso bist Du traurig?, Trost kann ich nicht bieten, ich lebe in Neukölln. Komm doch mal rüber. Du könntest stundenlang zugucken, wie ich lebe, schweigen und sehen, was das mit Dir macht. Du müsstest wortlos wieder abreisen. Ich will nichts davon wissen, Schreibverbot gäb’s auch. Nein, das machen wir nicht. In der Ferne bist Du mir lieber, da muss ich nicht alles verstehen. Und Du musst hinnehmen, etwa meine schlechte Laune, ja. Nicht bewältigen, alles so lassen. Ich sage ja. – Am Tisch nebenan wird eine Touristin aufgeklärt: „when someone says I don’t like prenzlauerberg, then you know it’s a sympathisch person“. Ich sollte eingreifen, aber ich gehe, Reisen auf eigene Gefahr.
Juan war nett.
deine e.

.
liebste Daphne...
wieso zitierst Du Tschechow, um zu sagen, dass Du sprechen willst. Sorry, aber das erinnert mich an Tanja. Die hat diese Zitate auf post-its gekritzelt und an die Wand geklebt, in mein Kinderzimmer. Erich Fried, Fromm, Nietzsche, Brecht, Kleist, Baade, you know. Tanja’s Digest. Sinnsprech-Außenlager, hohe Tonart, mannhaft. Ich verzichte. Früher hast Du Dich über Tanja lustig gemacht + ihren unstudierten Ehrgeiz konsequent mit „wie meinst Du das..?“ oder einer Bauernweisheit pariert. „grün und blau trägt dem kasper seine frau.“ Das hab ich von Dir!, mit todernster Miene. Nur Deine Ohrringe haben leicht gebibbert, wg. heimlichem Lachen. Das Beben steckt einfach in Dir drin. Und dafür, dass Du so’ne große Familie hast, suchst Du ganz schön viel Ruhe und Stille. Sollten wir tauschen?, auch dafür gibt’s ein Fernseh-Format. Und im TV ist das Scheitern eine lustige Panne. Ich fürchte, Du guckst zu wenig fern. Ich glaube, die Kreuzung von Schweigen und Sprechen und Wollen ist Schrift.
Tja, wieso bist Du traurig?, Trost kann ich nicht bieten, ich lebe in Neukölln. Komm doch mal rüber. Du könntest stundenlang zugucken, wie ich lebe, schweigen und sehen, was das mit Dir macht. Du müsstest wortlos wieder abreisen. Ich will nichts davon wissen, Schreibverbot gäb’s auch. Nein, das machen wir nicht. In der Ferne bist Du mir lieber, da muss ich nicht alles verstehen. Und Du musst hinnehmen, etwa meine schlechte Laune, ja. Nicht bewältigen, alles so lassen. Ich sage ja. – Am Tisch nebenan wird eine Touristin aufgeklärt: „when someone says I don’t like prenzlauerberg, then you know it’s a sympathisch person“. Ich sollte eingreifen, aber ich gehe, Reisen auf eigene Gefahr.
Juan war nett.
deine e.

.
edda b. - 21. Mär, 20:11