Schlottern
27. April 2010
Liebe liebe Edda,
Die Häme gegen die Steigerung >sehr< ist ein Einwurf von James Joyce, solche Sachen bleiben bei mir hängen wie Gelächter in deiner Jahreswäsche zwischen Pilotencodes und Idiotenkauderwelsch.
Was soll ich sagen, ich kann zum Themenwechsel küchenlateinisch reimen: Illusionen, die sich lohnen (mehr noch, ich könnte durchaus auch Rosamunde Pilcher schauen, darum spare ich mir, aus Angst vor Suchtgefahren, das TV vom Munde ab). Dass einer dich durch Berlin stößt und zieht ist mir erschreckend vertraut. Es sollte nicht sein, dieses Reagieren, findest du nicht, ich halte es für einen meiner schwerwiegenden Fehler.
Ich erwarte einen Auftrag. Man hat mir zugesagt, in diesem Jahr einen mehrwöchigen Aufenthalt in der Stadt an der Seine antreten zu dürfen. Ich werde Oskar mitnehmen, nicht wahr, und du dürftest mich, wenn du willst, auf der Flucht vor Besserwissern besuchen. Die schönste Performance von A., die ich kenne, ist jene, in der sie und ihr Partner einander gegenüber stehend einen Türdurchgang blockieren und die Passagierenden zwingen, sich entweder der einen oder dem anderen zuzuwenden, eine Entscheidung darüber zu treffen, ob Vorder- oder Rückseite die intimere sind und was es bedeutet, sich in die Augen oder vor die Brust zu schauen, denn geradewegs durch geht es ja nicht. Du siehst, ich bin ein harmloser Mensch, der geringe Reize benötigt. Zu sehen, wie eine sich malträtiert, würde mich im Innern krampfen lassen, aber auch, du ahnst es sicher, greife ich nirgends ein, solange sich die Dinge IN DER FERNE abspielen, meine TV-Verweigerng ist natürlich auch eine Art, mich abzuwenden und mich vor dem Impuls, eingreifen zu müssen, und der folgenden Ohnmacht bzw. Selbstentmächtigung zu bewahren.
Einmal sprach ich einen Wachhabenden in einem Bahnhofseingang an, weil ein Trupp Glatzen rückwärtig (auf dem Hemd) Blutbad im Rassenhass ausrief. Als der mit mir im Schlepptau auf die Gruppe zuging (es war, stellte sich heraus, nichts, was eindeutig untersagt werden konnte, ja nur eine Kleideraufschrift) schlotterten mir schon die Knie.
Zum Supermarkt so viel Einverständnis: Auf jeden Fall wollte ich nicht in den Supermarkt gehen müssen, wenn ich glücklich verliebt wäre.
Wir müssen einander gar nicht verstehen, nur schreiben! Herzlich deftig
Tante D.
Liebe liebe Edda,
Die Häme gegen die Steigerung >sehr< ist ein Einwurf von James Joyce, solche Sachen bleiben bei mir hängen wie Gelächter in deiner Jahreswäsche zwischen Pilotencodes und Idiotenkauderwelsch.
Was soll ich sagen, ich kann zum Themenwechsel küchenlateinisch reimen: Illusionen, die sich lohnen (mehr noch, ich könnte durchaus auch Rosamunde Pilcher schauen, darum spare ich mir, aus Angst vor Suchtgefahren, das TV vom Munde ab). Dass einer dich durch Berlin stößt und zieht ist mir erschreckend vertraut. Es sollte nicht sein, dieses Reagieren, findest du nicht, ich halte es für einen meiner schwerwiegenden Fehler.
Ich erwarte einen Auftrag. Man hat mir zugesagt, in diesem Jahr einen mehrwöchigen Aufenthalt in der Stadt an der Seine antreten zu dürfen. Ich werde Oskar mitnehmen, nicht wahr, und du dürftest mich, wenn du willst, auf der Flucht vor Besserwissern besuchen. Die schönste Performance von A., die ich kenne, ist jene, in der sie und ihr Partner einander gegenüber stehend einen Türdurchgang blockieren und die Passagierenden zwingen, sich entweder der einen oder dem anderen zuzuwenden, eine Entscheidung darüber zu treffen, ob Vorder- oder Rückseite die intimere sind und was es bedeutet, sich in die Augen oder vor die Brust zu schauen, denn geradewegs durch geht es ja nicht. Du siehst, ich bin ein harmloser Mensch, der geringe Reize benötigt. Zu sehen, wie eine sich malträtiert, würde mich im Innern krampfen lassen, aber auch, du ahnst es sicher, greife ich nirgends ein, solange sich die Dinge IN DER FERNE abspielen, meine TV-Verweigerng ist natürlich auch eine Art, mich abzuwenden und mich vor dem Impuls, eingreifen zu müssen, und der folgenden Ohnmacht bzw. Selbstentmächtigung zu bewahren.
Einmal sprach ich einen Wachhabenden in einem Bahnhofseingang an, weil ein Trupp Glatzen rückwärtig (auf dem Hemd) Blutbad im Rassenhass ausrief. Als der mit mir im Schlepptau auf die Gruppe zuging (es war, stellte sich heraus, nichts, was eindeutig untersagt werden konnte, ja nur eine Kleideraufschrift) schlotterten mir schon die Knie.
Zum Supermarkt so viel Einverständnis: Auf jeden Fall wollte ich nicht in den Supermarkt gehen müssen, wenn ich glücklich verliebt wäre.
Wir müssen einander gar nicht verstehen, nur schreiben! Herzlich deftig
Tante D.
Daphne D. - 27. Apr, 19:01